AG Polytrauma

Charakterisierung und Modulation der Immunologie/Inflammation und Regeneration nach (Poly)Trauma

Weltweit stellt das Trauma eine der Haupttodesursachen dar. Eine wesentliche Ursache für das Versterben neben dem akuten Blutverlust und schweren Schädelhirntraumata ist die posttraumatisch entstehende komplexen Störung des Immunsystems einschließlich immunologischer Zellen, Mediatoren und Reaktionen, welche in Regenerationsstörungen und schwerwiegenden Komplikationen münden. Trotz des Fortschritts in der medizinischen Forschung ist es jedoch immer noch nicht möglich, den klinischen Verlauf, insbesondere auf der Intensivstation nach einem Polytrauma, vollständig zu erklären oder vorherzusagen. Wir beschäftigen uns mit der Charakterisierung und Modulation dieser posttraumatischen Immunreaktion, die neben der überschießenden Immunantwort, auch eine systemisch persistierende Immunsuppression, als eine entscheidende Determinante für die erhöhten Infektionsraten, gestörte Regeneration und häufig konsekutives Organversagen, einschließt.

Im Rahmen des Netzwerks Traumaforschung (NTF) der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie konnten wir gemeinsam mit weiteren nationalen Kliniken und Forschungszentren eine nationale (fluid) Biobank für Traumapatienten etablieren, die insbesondere für die Erforschung von potenziellen Biomarkern an großen Patientenzahlen geeignet ist. Parallel wurde vom NTF die Programmierung einer begleitenden Datenbank über die Akademie für Unfallchirurgie für die Patientendaten initiiert, die sich bereits online in der Erprobungsphase befindet. Die Biobank ist das zentrale Projekt der DFG-Forschungsgruppe FOR-5417, deren Ziel die Erforschung der komplexen posttraumatischen Reaktion ist. Insgesamt 4 der 9 Projekte werden von der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie geleitet und durchgeführt. Diese beschäftigen sich u.a. mit der Identifizierung molekularer neuronaler Schädigungsmarker, die eine bessere Einschätzung des Verlaufs nach einem Schädel-Hirntrauma ermöglichen könnten, mit der Erweiterung der Traumaserumbank um eine Biobank für extrazelluläre Vesikel und die Relevanz neuer molekularer kardialer Schadensmarker nach Polytrauma. Für weitere Informationen verweisen wir gerne auf die Internetseite der DFG-Forschergruppe FOR-5417.

In unserer Sektion Neurotrauma liegt ein besonderer Fokus auf der klinisch-experimentellen Forschung bezgl. Schädel-Hirn-Trauma sowie Rückenmarksverletzungen im Rahmen des Polytraumas. Das Schädel-Hirn-Trauma ist noch vor dem hämorrhagischen Schock der größte Mortalitätsfaktor im Polytrauma und gehört zu den komplexesten Herausforderungen in der Traumatologie. Das SHT und spinale Verletzungen haben nicht nur akute, sondern oft auch langfristige Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patienten. Diese Verletzungen erfordern nicht nur eine effiziente medizinische Versorgung, sondern auch innovative Ansätze in der Forschung, um die langfristigen Auswirkungen besser zu verstehen und verbesserte Therapien zu entwickeln. Hier liegt der Schwerpunkt unserer Sektion auf der Untersuchung der pathophysiologischen Immunantwort und potenziellen Biomarkern nach SHT und spinalen Verletzungen. Biomarker sind messbare Indikatoren im Blut, die Informatio nen über den Zustand des Körpers liefern.

Es ist denkbar, dass nach einem Polytrauma mit SHT-Beteiligung die Zahl der in den Blutkreislauf freigesetzten EVs neuronalen Ursprungs zunimmt und diese neuro-spezifische miRNAs als Fracht enthalten. Unsererseits bereits umgesetzte und geplante Analysen zur Identifizierung und Charakterisierung von miRNA im Blut oder als EV-Inhalt, könnten in Zukunft eine noch genauere Beurteilung des Schweregrads und des Ergebnisses der Hirnverletzung ermöglichen. Hierzu dient auch das von unserer Abteilung im Jahr 2019 initiierte SHT-Modul als Erweiterung des bestehenden TR-DGU®. Basierend auf dem Datensatz der multinationalen Center-TBI-Kooperation wurde in enger Zusammenarbeit mit der DGNC die Pilotphase 2020 beendet. Die Besonderheit des SHT-Moduls zeigt sich in der hohen Auflösung im Hinblick auf den zeitlichen Verlauf der Schädigung, detaillierte Angaben zu Bildgebungen, medizinischer/chirurgischer Therapien, sowie einer Nachbeobachtung über 6 und 12 Monate anhand des Glasgow Outcome Scales.

In Kombination mit dem TR-DGU® wird eine sehr hohe Datenqualität erreicht und eine multizentrische, interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht. Die Kombination dieser klinischen Daten mit den Patientenproben (lokale Serumdatenbank) erfüllt einen translationalen Ansatz und das Arbeiten nach dem Prinzip "from bench to bedside".